Hintergrund - die Geschichte der Sprachinseln
Die Geschichte der Sprachinseln ist nicht die Geschichte der Fürsten und Mächtigen, der Schönen und Reichen, der Kaiser und Könige; vielmehr ist es die stille Geschichte der einfachen kleinen Leute, die, abseits der großen Handels - und Verkehrswege, in abgeschiedenen Gegenden ihr Leben als Selbstversorger gestalteten, bei denen Glaube und Aberglaube eng nebeneinander standen, bei denen weltliches und kirchliches Brauchtum den Jahreslauf prägten, die von der sie umgebenden Bevölkerung kaum wahrgenommen wurden.
In der Zeit zwischen 1000 und 1300 wurden die sonnigen Südseiten der Alpen angesiedelt. Aus den deutschsprachigen Landen hatten die Menschen ihre Sprachen mitgebracht. Diese alten Sprachformen wurden im Laufe der Jahrhunderte lediglich mündlich weiter gegeben, sind aber trotz zahlreicher erduldeter Widrigkeiten immer noch lebendig geblieben, wenn auch in unterschiedlichem Maße.
Die schlimmste Zeit setzte mit dem Entstehen der Nationalstaaten ein: in diesen sollte es nur mehr eine Sprache, nur mehr eine Religion, nur mehr eine Kultur geben. Der Gipfel dieser Staatsphilosophie war dann in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen erreicht, in Italien in der Zeit des Faschismus.
Besonders schlimm war dabei wohl, dass den Menschen eingebläut wurde, ihre Sprache sei schlecht, sei barbarisch, sei abscheulich, sei verwerflich, sei den Kindern nicht zuzumuten und somit auch nicht weiter zu geben. Was nimmt es da Wunder, wenn sich die Menschen geschämt haben, ihre Muttersprache zu gebrauchen, wenn sie es vermieden haben, ihren Kindern diese angeblich unwürdigen und barbarischen Sprachen weiter zu geben!
Im deutschsprachigen Ausland gab es zwar mehrere Wissenschaftler, die sich mit Sprache und Kultur der Sprachinselgemeinschaften befassten. Die Ergebnisse ihrer Arbeiten und die zahlreichen Publikationen – alle von unschätzbarem Wert - finden sich vor allem in Universitätsbibliotheken und bei Fachleuten.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Wissen um die Sprachinseln im Großen und Ganzen im Dunkeln verborgen. Allmählich konnte sich Europa aus den Kriegstrümmern befreien und erholen. Da besinnt sich Europa auch der Vielfalt seiner Sprachen und Kulturen: das Europäische Parlament » Rahmenübereinkommen zum Schutze nationaler Minderheiten. Italien verabschiedet 1999 das » Gesetz zum Schutze der historischen Minderheiten in Italien. In diesem Gesetz sind die deutschen Sprachinseln unter dem Sammelbegriff „germanici“ angeführt. Das Gesetz sieht im Artikel 3 vor, dass sich Gemeinschaften einer selben Minderheitengruppe zu einer Gemeinschaft mit Koordinierungs-und Vorschlagsrecht zusammenschließen können und dass diese Gemeinschaft von den Lokalkörperschaften anerkannt werden kann.
Das Jahr 2001 wurde von Europarat und Europaparlament als europäisches Jahr der Sprachen ausgerufen. Zu diesem Anlass fanden sich in Neumarkt in Südtirol Vertreter der deutschen Sprachinseln zu einem zweitägigen Treffen ein, um über Gegenwart und Zukunft zu diskutieren. Es war dieses Treffen der zündende Funke für eine Neubesinnung auf das Sprachinseldasein.
In der Folge wurde das „Einheitskomitee der historischen deutschen Sprachinseln in Italien“ gegründet, kurz „Sprachinselkomitee“ genannt. Zurzeit (2014) gehören 21 Gemeinschaften dem Komitee an.
Diese Website gibt einen ersten Einblick in das Sprachinselkomitee.